Anreize schaffen statt Nachhaltigkeitspolizei

Im Austausch mit «Hotelière» benennt Alois Vinzens, neuer Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit SGH, die strategischen Schwerpunkte für seine Amtszeit. Die Revision des Beherbergungsgesetzes soll ermöglichen, dass künftig Projekte zur Digitalisierung oder zur

Verbesserung von Prozessen finanziert werden können statt wie bisher

nur «Steine und Mauern». Nachhaltigkeit soll durch Anreize und ohne Nachhaltigkeitspolizei erreicht werden.


Welches sind Ihre Schwerpunkte, die Sie als neuer Präsident der SGH anpacken wollen?

Alois Vinzens: Die SGH ist generell gut aufgestellt und erfüllt ihren Auftrag zur Zufriedenheit der Kunden, des Bundes und der Genossenschafter. Strukturelle Veränderungen sind deshalb keine geplant. Ein Schwerpunkt meiner bevorstehenden Präsidialzeit wird die bevorstehende Gesetzesrevision sein, mit dem Ziel, das Förderinstrument SGH zugunsten der Branche zu stärken. In absehbarer Zukunft steht zudem aufgrund der in einigen Jahren bevorstehenden Pensionierung des CEO die geordnete Nachfolgeregelung an der operativen Spitze der SGH an. Diesen Prozess möchten wir rechtzeitig angehen. Weiter möchte ich die gute Zusammenarbeit mit den Banken weiter führen. Nur mit ihnen und zusammen mit den Branchenverbänden kann die SGH erfolgreich sein. Künftig wollen wir unsere Beratungsleistungen noch bekannter machen. In der Zusammenarbeit mit Banken und weiteren Partnern können wir diese noch besser verankern.


Das Bundesgesetz zur Förderung der Beherbergungswirtschaft steht zur Revision an. Welches sind die wesentlichen Elemente, die aus Sicht der SGH angepasst werden sollen/müssen und warum?

Die Gesetzesrevision sieht im Wesentlichen die Ausweitung der Finanzierungen im Bereich Prozesse, Digitalisierung und Sachanlagen vor. Heute können wir ja nur Investitionen in Stein und Mauern mitfinanzieren. Über Anreizsysteme wie Zinsvergünstigungen oder Ausdehnung der Rückzahlungsfristen werden besonders förderwürdige Projekte unterstützt, haupt-sächlich auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit. Im Weiteren wird die SGH als Kompetenzzentrum der Schweizer Hotelförderung gestärkt. Zudem erfolgt eine Anpassung des bisherigen, aus dem Jahr 2003 stammende Gesetz an die heutigen Compliance- und Governance-Richtlinien des Bundes. Die beiden Motionen der WAK-N (Ausdehnung des Förderperimeters auf die ganze Schweiz) und die Motion Stöckli (Impuls-programm für die Berggebiete) sollen in die Gesetzesrevision integriert werden. Die politische Diskussion ist noch im Gange.


Finanzierungen in der Hotel- bzw. Beherber-gungsbranche scheinen en vogue zu sein. Es gibt verschiedene neue Investmentplatt-formen, die private Finanzierungen anbieten (z. B. Hospitality Investment Club, Switzerland Hospitality Financing). Wie beurteilen Sie diesen Trend? Oder ist es mehr als ein Trend, der nachhaltiges finanzielles Engagement in der Branche sicherstellt?

Die Vergangenheit zeigt, dass private Investorengefässe in der Hotellerie schon immer eine wichtige Rolle eingenommen haben. Es ist ja allgemein bekannt, dass viele Hotels mit Investitionen konfrontiert sind, die den Ertragswert übersteigen und damit durch Eigenkapital eingebracht werden müssen. Für die Branche ist es wichtig, dass neben den bestehenden Banken und Förderinstrumenten somit immer auch wieder private Innovationen für die Finanzierung entwickelt werden. Die angesprochenen Plattformen sind damit aus unserer Sicht wertvoll und zur Stärkung des Netzwerkes angebracht.


Der Bundesrat hat in seiner Botschaft zur Standortförderung Schweiz 2024–2027 mit 649 Millionen Franken den finanziellen Status quo vorgeschlagen. Als Erstrat bestätigte der Ständerat diese Linie in der Sommersession. Allerdings wurde beklagt, dass die Teuerung im Ausland einen beachtlichen Teil der Tourismuspromotion «wegfressen» würde. Mit den Folgen ist und wird in der längeren Frist auch die SGH indirekt (partnerschaftliche finanzielle Unterstützung für Investitionen in der Schweiz) konfrontiert. Wie beurteilen Sie das Förderprogramm des Bundes und die Haltung des Ständerates dazu? Steht genügend Geld zur Verfügung?

In der Botschaft ist die SGH erwähnt mit der ange-strebten Gesetzesrevision. Allfällige Mittel als Folge davon sind in der Botschaft nicht aufgeführt. Die genannten Mittel im Bereich Tourismus gehen somit vor allem an Schweiz Tourismus und Innotour. Aus der Sicht der SGH sind diese für die Vermarktung des Angebots wichtig, und die Haltung des Ständerates zeigt, dass hier keine Kürzung angebracht ist. Diese wäre ja aufgrund des aktuellen Standes der Bundes-finanzen möglich. Mehr Mittel zur Standortförderung wären natürlich immer willkommen, wichtiger aber ist, dass die verfügbaren Mittel effizient und wirksam eingesetzt werden.


Nachhaltigkeitsthemen haben auch die Beherbergungsindustrie erfasst. Wie verändern diese Fragestellungen das Geschäftsmodell der SGH?

Nachhaltigkeit ist ein grosses, umfassendes Thema, das zum strategischen Hauptbestandteil jeder Unternehmungsführung geworden ist. Derzeit erarbeiten wir eine Nachhaltigkeitsstrategie, einerseits intern als SGH, andererseits aber auch in Bezug auf die Finanzierung und die Beratung von Beherbergungsbetrieben. Wir wollen Anreizsysteme schaffen, um Veränderungen in den bekannten Nachhaltigkeitsdimensionen wie Umwelt, Soziales und Führung zu unterstützen. Dabei ist aber auch klar, dass die SGH als Institution allein keine grosse Wirkung erzielen kann. Wir können schliesslich nicht Nach haltigkeitspolizei sein. Nur in Kombination mit Bewilligungsinstanzen und Banken könnten wir hier eine Wirkung erzielen.


Aufgrund von Ferien wurde der Austausch schriftlich geführt.

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